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Therapie ist schwer/anstrengend geworden

P
Hallo zusammen,
Ich habe Ende 2019 eine Verhaltenstherapie angefangen wegen Depressionen und Ängsten. Die hat mir auch sehr geholfen, ich hatte zwar während dem Gespräch manchmal das Gefühl überfordert zu sein oder fand es schmerzhaft bestimmte Themen zu besprechen, aber ich bin tatsächlich immer mit einem guten Gefühl rausgegangen. Wir haben damals ein paar Ziele festgelegt, die mir erst unmöglich vorkamen aber nach Erreichen der meisten fand ich, habe ich doch erst ziemlich überreagiert und letztendlich alles wunderbar gemeistert.

2020 haben wir dann von wöchentlichen Sitzungen gewechselt zu zweiwöchig und dann 2021 zu monatlich. Seit 2022 dann einmal im Quartal und zu 2023 hin wollten wir eigentlich die Therapie beenden. Da ich aber wieder einige Rückfälle hatte, sind wir zurück zu monatlichen Sitzungen.

Ja. und dieses Jahr stelle ich irgendwie wieder alles in Frage. Als die Depression anfing war mein Weg eigentlich ziemlich klar. Ich wollte Antidepressiva und eine Therapie. Und ich wollte mich nicht mehr so eingeschränkt und von meinen Gefühlen kontrolliert fühlen. Und dann hatte ich konkrete Ziele, wie in einem Restaurant zu essen oder allein zu verreisen.

Dieses Jahr weiß ich es nicht. Die großen Ziele sind noch gleich, die konkreten habe ich ja schon erfüllt und irgendwie fällt mir nichts mehr ein. Was ich mit dem Rest meines Lebens anfangen will, wechselt jeden Tag. Ich hatte eigentlich einen vagen Plan für die nächsten Jahre, bei dem mein Schwerpunkt darin lag mich nicht zu überfordern und mehr Fokus auf Spaß und Entspannung zu legen. Aber eben nichts genaueres.

Ich habe mehrfach versucht mir selbst Ziele zu überlegen, aber ich nehme mir weiterhin zu viel oder zu ungenaueres vor. Und was mich heute stört, kann mir nächste Woche wieder egal sein. Meine Therapeutin hat mir dann versucht ein paar Denkanstöße zu geben, indem sie Sachen vorgeschlagen hat die mir vor 4 Jahren zu schwer waren. Das sind wir dann länger durchgegangen. Aber es hat mir total Angst gemacht.

Ich habe sowieso gemerkt, dass meine Stimmung jetzt wieder länger unten war und ich mich zunehmend über nichts mehr freuen kann. Die Sitzung mit den Zielen hat mich nur noch weiter runtergezogen, weil ich nicht weiß was ich will oder wie ich herausfinden soll was ich will ohne mich zu überfordern und weil mir dann klar wurde wie viele normale Dinge ich immer noch nicht kann.

Irgendwie finde ich, erwartet meine Therapeutin zu viel von mir. Gleichzeitig machen wir aber auch nichts Hilfreiches mehr in den Sitzungen. Ich habe irgendwie das Gefühl, da ich seit Monaten keine Fortschritte mehr hatte, ist sie enttäuscht von mir oder genervt, dass wir immer wieder die gleichen Themen durchkauen.

Ich glaube ich bin so jemand, der in seiner Meinung relativ festgefahren ist und die für die richtige hält. Für die Therapie war ich schon offen, aber wenn was nicht in mein Weltbild passt, dann verwirrt mich das irgendwie.

Ich wünschte ich würde nicht jeden Tag mit so einem beklemmenden Gefühl aufstehen. Aber ich habe mittlerweile auch Angst vor der nächsten Sitzung

24.06.2023 09:47 • x 1 #1


Dys
Hi @parado,
das mit den „Zielen“ habe ich auch lange missverstanden. Ich wurde ja immer explizit danach gefragt und dachte, ich müsse welche nennen und die sollten in meinen Augen dann auch plausibel sein. Daraus hat sich dann bei mir ergeben, dass ich dachte, die Therapeutin misst mich daran, was ich für Fortschritte bei den „Zielen“ mache. Aber selbst wenn es so wäre, was es meiner Erfahrung nach nicht ist, wäre es nicht das eigentliche therapeutische Ziel, wenn es darum geht, eigenständige Entscheidungen treffen zu können, selbstbewusst und mitfühlend mit mir selbst umzugehen und meinen Alltag möglichst in einem gesunden Maß zu bewältigen.

Es geht wirklich darum, dass „Es“ für Dich passt. Therapie kann Blickwinkel eröffnen, die einem eventuell bislang nicht aufgefallen sind. Nicht mehr und nicht weniger. Kein seriöser Therapeut wird für Dich Entscheidungen treffen und seine Erwartungen dahingehend befriedigend bewerten, dass Du sie bis ins kleinste Detail erfüllst.

Ziele als solche können auch nie in Stein gemeißelt sein und sich daher stetig auch ändern. Man hat es ja tatsächlich nicht immer nur selbst in der Hand. Was ich aber in der Hand habe ist nur dass, was ich selbst tue und wie ich womit auch immer selbst umgehe. Idealerweise ist mein Umgang dann ein gesunder, angebrachter und nicht schädlicher für mich und andere. Das heißt aber auch nicht, dass ich nicht kritisch oder besorgt in die Welt blicken darf oder mein Weltbild komplett ändern müsste, aber eben auch nicht, dass ich allen Erwartungen, sowohl meine eigenen, als auch die der Anderen an mich, gerecht werden müsste oder könnte.

Natürlich ist es für Therapeuten einfacher, etwas zu haben, woran ein Fortschritt der Therapie zu messen ist. Ein erreichtes Ziel kann aber nur zeigen, dass Du etwas, dass Dich am Ende auch etwas selbstsicherer machen kann und Dir eine Leistungsfähigkeit bescheinigt, die Du selbst auch als solche annehmen kannst auch getan hast. Wenn es hilf, jemand etwas zu beweisen, dann eigentlich nur, wenn es Dir selbst etwas beweist und idealerweise etwas das dich positiv stimmt.

Letztlich geht es nur darum, was Du wirklich willst. Und wie Du es erreichen kannst. Ohne Anstrengung erreicht man garnix. Anstrengung muss aber nicht gleich Überforderung bedeuten. Alles ist immer eine Frage der Bewertung. Und dem Bewusstsein, dass Handlungen Konsequenzen haben. Ebenso wie es Konsequenzen hat, nicht zu handeln.
Fehlen einem gewisse Fähigkeiten bestimmte Dinge realistisch zu betrachten, kann da eben eine Therapie helfen, dahingehend befähigt zu werden. Sie ändert aber eben keine Dinge oder Menschen und schon garnicht andere Menschen, mit denen man sich schwer tut.

24.06.2023 10:36 • x 4 #2


A
Hallo Parado.
Eine Therapie kann mir helfen, kann eine Bereicherung für mich sein,
mir Denkanstöße geben, kann eine Chance für mich sein.
Ist die Therapie für mich nicht stimmig, fühle ich mich unwohl, oder
habe schon Sorge vor der nächstkommenden Einheit............................,
dann sollte ich das zum Thema machen.
Vielleicht traust du dich das zu tun.
Ich wünsche dir alles Gute.

24.06.2023 13:34 • #3

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