Verhalten in der Therapie - auch mal streiten

M
hallo allerseits

vor kurzem habe ich eine Therapie angefangen und irgendwie gefällt mir der Ablauf nicht mehr.

Nach der Begrüßung setzen wir uns, die Therapeutin und ich, hin, dann schaut sie mich freundlich und auffordernd an und wartet, bis ich zu sprechen beginne. Wenn es zu lange dauert kommt schon mal ein: na oder was gibts .... oder ähnliches.
Dann erzähle ich, was in der letzten Woche war, welche Gedanken ich mir gemacht habe usw.
Aber irgendwie bleibt alles so emotionslos. Ehe man etwas ausspricht, geht es unbewusst schon durch etliche Filter, ähnlich wie bei Freunden und Bekannten, man sortiert aus, was man nicht sagen kann (lächerlich, gehört sich nicht) oder will.
Wenn ich dann schon mal sage, dass ich micht über etwas geärgert habe, kommt dann meist, dass ich mich nicht runtermachen soll-te, dass ich das ändern könnte oder ähnliches.
Ich finde, durch diese beherrschten Gespräche - meist rede ich ja -, kommt nicht wirklich raus, was einen belastet.

Ich würde mich gerne mal mit ihr über unterschiedliche Ansichten streiten und laut werden dürfen, denn m.E. kommen nur ducrh echte Emotionen Gedanken nach oben, die man sonst (gewohnheitsmässig) unten hält.

Meine Frage:
kennt ihr solche Gefühle - Gedanken ?
vermisst ihr änhnliches ?
oder gibt es / erlebt ihr das in eurer Therapie ?

Gibt es Therapieformen oder Gesprächsgruppen, wo so etwas in der Art gemacht wird ?

24.10.2011 15:27 • #1


S
Hallo Malwine,

mehr oder weniger liegt es bei DIR, was in der Therapie besprochen wird. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wir es ansprechen müssen, wenn uns was nicht paßt. Warum hast du das noch nie angesprochen?

Letztendlich ist der Ablauf, wie du ihn beschrieben hast, fester Bestandteil. Es sei denn, man hat Absprachen bezügl. des Ablaufs getroffen.

Sprich es an und kritisiere. Es ist deine Therapie und deine Krankheit. Es ist vllt. auch beansichtigt, dass deine Therapeutin sich so verhält, um dich aus der Reserve zu locken.

Ich habe auch bei meiner Therapie zig Stunden vergeudet, weil ich stumm auf der Couch lag und gewartet habe, dass mein Thera. was sagt, sich äußert o.ä.

Wenn dem nicht so ist, stell Bedingungen und sage gleich, wenn dir was nicht paßt.

Viel Glück.

Serafina

24.10.2011 15:35 • #2


A


Hallo Malwine,

Verhalten in der Therapie - auch mal streiten

x 3#3


Sarah
Ich kann mich Serafina da nur anschließen. Und diesen inneren Filter - Dinge über die ich nicht reden konnte oder wollte - hatte ich auch lange. Und ich konnte das meinem Therapeuten gegenüber auch nie aussprechen. Es hat bei mir mehr oder weniger ein Jahr Therapie und einen Klinikaufenthalt gebraucht, um diese inneren Schranken abzubauen. Und mit dieser Erfahrung kann ich dir nur dringend raten, deine Bedenken gegenüber der Therapeuten direkt anzusprechen. Und wenn auch das nicht durch den Filter kommt versuche es ihr aufzuschreiben. Ich habe meinem Therapeuten mal einen Ausdruck hier aus dem Forum mitgebracht, weil ich manche Gedanken nicht über die Lippen gebracht habe.

Liebe Grüße

Sarah

24.10.2011 18:32 • #3


M
danke an Serafina und Sarah

ich habe mich gestern über was anderes geärgert und danach ist mir in der Nacht klar geworden, dass ich etwas und was ich in der Therapie vermisse. Beim nächsten Termin möchte ich es ansprechen.

Es ist schon erstaunlich: einerseits hat man selbständig Familie, Haushalt und Beruf gemanagt - und andererseits ist man kaum in der Lage, eigene ganz normale Wünsche festzustellen und einzufordern.

24.10.2011 21:02 • #4


M
Heute Nachmittag hatte ich wieder Therapiestunde und einen Teil meiner wirklichen Gedanken ausgesprochen - und es hat geklappt und sich gelohnt. Wir hatten eine gute 'Stunde' -
auch dank der Hilfe des Forums, dass man ernst genommen wird, weil man erfährt, dass es anderen auch so geht.
Natürlich weiß man das, sonst gäbe es keine Psyschologen oder- therapien usw. usw.,
aber wenn man es direkt von Betroffenen liest, ist es noch mal was anderes.

Ich wünsche allen eine gute Therapie
und eine gute Genesung

27.10.2011 19:55 • #5


Sarah
Es freut mich sehr, dass wir ein Stück weiterhelfen konnten

28.10.2011 06:41 • #6


M
so zum Jahreswechsel gehen einem doch allerlei Gedanken durch den Kopf.

Meine Therapie wird in Kürze beendet sein und ich möchte so eine Art Resümé ziehen:
Sie hat mir doch einiges gebracht, obwohl sie nicht ganz so war wie ich es mir vorgestellt habe. Ich kann jetzt aber nicht klar sagen, w a s anders hätte sein sollen - vielleicht mehr Dialog. Bisher spreche ich hauptsächlich.
Vielleicht spreche ich es bei der nächsten Stunde an.

Geholfen hat mir die regelmässige Therapiestunde unt. anderem, weil ich 'gezwungen' war über meine Situation nachzudenken und 'dran' zu bleiben. Es ist ja nicht nur mein erzählen, durch die Therapeutin habe ich auch erfahren, w i e
etwas ankommt, wenn ich etwas erzähle. Die Personen um einen herum kennen einen samt Verhalten und verstehen wie man etwas meint. Eine 'fremde' Person erfährt einen ganz anders und kennt viele Hintergründe nicht, die man als bekannt voraussetzt. Dadurch ist man gefordert, sich klarer auszudrücken.

Einmal war die Therapeutin etwas ungehalten, weil ich quasi immer mit 'fertigen' Überlegungen ankomme, z.B. haben wir über ein Problem gesprochen und ich habe gesagt, ich will darüber nachdenken. Beim nächsten mal habe ich dann gesagt, was ich überlegt habe und wie ich gehandelt habe bzw. zu handeln gedenke. Möglicherweise wollte sie mit mir weiter darüber sprechen, ich hatte den Eindruck, sie fühlte sich übergangen.
Ich habe dann erklärt, dass ich es erstens so gewohnt bin (meine Probleme letztendlich alleine zu überwinden) und zweitens dass ich es so sehe, dass z.B. die Heilung bei einer Krankheit nicht beim Arztbesuch passiert sondern sozusagen unbemerkt im Körper des Patienten zwischen den Arztbesuchen. Bei mir eben im Gemüt zwischen den Sitzungen. - Wie seht ihr das ?

Im großen und ganzen habe ich den Eindruck, dass ich auf einem guten Weg bin.
Natürlich gibt es immer noch Zeiten der Niedergeschlagenheit und des Desinteresses, aber sie halten nicht mehr so lange an. Es bleiben auch immer noch Aufgaben bzw. Vorhaben übrig, die sich am besten in gute Gewohnheiten wandeln sollten - das wird die Zeit zeigen.

01.01.2012 20:46 • #7


Sarah
Zitat von Malwine:
Einmal war die Therapeutin etwas ungehalten, weil ich quasi immer mit 'fertigen' Überlegungen ankomme, z.B. haben wir über ein Problem gesprochen und ich habe gesagt, ich will darüber nachdenken. Beim nächsten mal habe ich dann gesagt, was ich überlegt habe und wie ich gehandelt habe bzw. zu handeln gedenke. Möglicherweise wollte sie mit mir weiter darüber sprechen, ich hatte den Eindruck, sie fühlte sich übergangen.
Ich habe dann erklärt, dass ich es erstens so gewohnt bin (meine Probleme letztendlich alleine zu überwinden) und zweitens dass ich es so sehe, dass z.B. die Heilung bei einer Krankheit nicht beim Arztbesuch passiert sondern sozusagen unbemerkt im Körper des Patienten zwischen den Arztbesuchen. Bei mir eben im Gemüt zwischen den Sitzungen. - Wie seht ihr das ?


Ein überzeugtes kommt drauf an Mit Sicherheit ist es so, dass vieles zwischen den Stunden passiert. Aber ich kenne es auch aus eigener Erfahrung, dass es sich lohnen kann, den Weg zur Lösung nicht alleine zu finden. Denn einerseits ist es oft aufschlussreich, wie man zu seiner Lösung kommt. Welche Gedankengänge man geht, welche Einschränkungen man sich selber setzt etc. Und andererseits verrennt man sich häufig durch das Nachdenken darüber in seine Lösung - egal ob sie der beste Weg ist oder nicht. Daher kann es durchaus sinnvoll sein, solche Überlegungen nicht alleine sondern zusammen mit der Therapeutin anzugehen. Diese kann einem helfen zu reflektieren und zu hinterfragen.

Ich würde es mal so ausdrücken: neue Verhaltenweisen entdeckt man in der Therapie, aber erlernen tut man sie im echten Leben zwischen den Sitzungen.

Zitat:
Im großen und ganzen habe ich den Eindruck, dass ich auf einem guten Weg bin.
Natürlich gibt es immer noch Zeiten der Niedergeschlagenheit und des Desinteresses, aber sie halten nicht mehr so lange an. Es bleiben auch immer noch Aufgaben bzw. Vorhaben übrig, die sich am besten in gute Gewohnheiten wandeln sollten - das wird die Zeit zeigen.


Gute Einstellung

01.01.2012 22:22 • #8


M
Zitat von Sarah:
Mit Sicherheit ist es so, dass vieles zwischen den Stunden passiert. Aber ich kenne es auch aus eigener Erfahrung, dass es sich lohnen kann, den Weg zur Lösung nicht alleine zu finden. Denn einerseits ist es oft aufschlussreich, wie man zu seiner Lösung kommt. Welche Gedankengänge man geht, welche Einschränkungen man sich selber setzt etc. Und andererseits verrennt man sich häufig durch das Nachdenken darüber in seine Lösung - egal ob sie der beste Weg ist oder nicht. Daher kann es durchaus sinnvoll sein, solche Überlegungen nicht alleine sondern zusammen mit der Therapeutin anzugehen. Diese kann einem helfen zu reflektieren und zu hinterfragen.


hallo Sarah,

danke für deine Überlegungen.
Es kann sein, dass dieses Allein-überlegen und Allein-fertig-werden ein gut Teil Ursache meiner Schwierigkeiten ist.
Viele Jahre war es absolut nötig, so zu agieren. Jetzt merke ich selber, dass es mir sehr schwer fällt, mich mitzuteilen,
mir 'in die Karten schauen' und helfen zu lassen.
Alleine schon so einfache Überlegungen wie: was machen wir heute? gehen wir einkaufen oder erledigen wir etwas anderes, oder im Urlaub wo fahren wir hin?, fällt mir schwer. Erstens stand es bis vor kurzem fest, dass ich das sowieso alleine erledigen musste,
und zweitens wurden meine Vorschläge sehr häufig abgelehnt, so daß ich keine Lust mehr hatte, mich einzubringen.
Irgendwie ärgert es mich heute, dass ich nicht mehr versucht habe, meine Vorstellungen umzusetzen.

Anscheinend habe ich von frühester Jugend verinnerlicht, dass meine Ansichten und Wünsche u. Vorstellungen nicht relevant waren, was mich gleichzeitig ärgert und traurig macht.
Aber durch das schreiben hier, durch das sprechen darüber in den Sitzungen werden mir solche Vorgänge bewusst-er und ich merke, wie tief die Gefühle verschüttet sind und wie sie doch mein heutiges Denken und Handeln beeinflussen.

freundliche Grüße

02.01.2012 20:27 • #9


A


Hallo Malwine,

x 4#10


M
im Moment fühle ich mich wieder so - ich weiß nicht was soll es bedeuten ?

durch die Therapie ist mir klar geworden, dass ich hauptsächlich eine Freundin vermisse, mit der ich über alles reden kann. Nicht nur problematisches, aindern auch ganz banale, normale Dinge, was man eben so sagt.
Dann kommen mir die Gedanken: warum ist das so? Bin ich zu keiner Freundschaft fähig? Bin ich keine Freundin?
Ich habe inzwischen verschiedene Versuche unternommen, näheren Kontakt zu anderen Frauen zu bekommen, aber leider gab es von deren Seite kein Interesse. Im Gegensatz zu früher will ich aber dran bleiben und die Augen weiterhin offen halten.

Dann werde ich mal wieder weiter machen, muss noch kochen und anderes erledigen.

Wünsche euch einen schönen Nachmittag
und allen Erkälteten gute Besserung

31.01.2012 13:18 • #10

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