Vom Freund geprügelt - wie überwinden?

ruhelos68
Hullu,

mit gerade mal 19 bin ich meiner großen Liebe nach Irland gefolgt. Er war Anwalt und gehörte zu einer der angesehensten Familien seiner Gegend, dazu auch noch sozial engagiert, gutaussehend und Musiker. Jackpot

Bereits nach kurzer Zeit begann er damit mich von Allem zu isolieren, Kontakte zu meiner Familie in Deutschland waren nicht erwünscht, meine Familie weiß bis heute nicht einmal, dass wir verheiratet waren. Nach und nach wurde er gewalttätiger und verprügelte mich. Er schaffte es mich so zu manipulieren, dass ich mir eingeredet habe es wäre meine eigene Schuld. Eines Abends kam er betrunken mit einer anderen Frau im Arm nach Hause und verlangte von mir mich mit dieser Frau und ihm ins Bett zu begeben, als ich mich weigerte prügelte er mich ins Koma. Ein Freund fand mich so im Flur unseres Hauses und brachte mich ins Krankenhaus. Er sorgete in der Folge auch dafür, dass ich nicht mehr zu meinem damaligen Mann zurückehren musste und half mir Job und Wohnung in einer anderen irischen Stadt zu finden. Er half mir auch dabei, die Ehe annulieren zu lassen da eine Katholische Ehe zu diesem Zeitpunkt in Irland nicht geschieden wurde.

Fast 20 Jahre hatte ich diese Geschichte in eine geistige Schublade gelegt und nicht mehr an mich heran gelassen. Zur Zeit bin ich in einer Sozialpsychatrischen Tagesklinik. Grund dafür waren massives Mobbing am Arbeitsplatz und Panikattacken, die mich in der Folge immer mehr belastet und zu einem Suizidversuch gebracht haben.

Durch eine Gesprächsgruppe zum Thema körperliche Gewalt und Misshandlungen ist das Thema wieder massiv in mein Leben getreten und ich entdecke immer neue Trigger, die mich zurück in diese Phase meines Lebens bringen. Oft erkenne ich mich selbst nicht wieder und habe massive Probleme im Alltagsleben, selbst kleinste Hindernisse bringen mich in eine Panik und Hilflosigkeit zurück, in ein Gefühl, dass ich dieser Situation hilf- und wehrlos ausgeliefert bin. Es kostet mich so unendlich viel Kraft ins Hier zurückzukommen und nicht in der Situation von damals zu bleiben.

Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht und vielleicht schon einen Ausweg gefunden? Ich habe nicht das Gefühl, dass ich in der Tagesklinik mit meinem Problem richtig bin, sie hilft mir im Moment nur dabei meinen Tag zu strukturieren und etwas Ruhe in den Alltag zu bringen.

11.07.2010 16:48 • #1


M
Hallo ruhelos68,
es gibt ganz spezielle Traumatherapien, um mit solchen Erlebnissen fertig zu werden. Eine reine Gesprächstherapie könnte dir möglicherweise nicht ausreichend weiter helfen. So ganz genau kenne ich mich damit auch nicht aus, aber so viel ich weiß, werden in den speziellen Traumatherapien Strategien erlernt, um die Erlebnisse sicher zu verpacken, um sie an entsprechender Stelle mit dem Therapeuten zu besprechen. So werden die Triggermomente verringert und ein Alltag oft erst wieder möglich.

Wir haben hier auch einen geschützen Bereich zum Thema S. Missbrauch. Sollte das Thema für dich zutreffend sein, kannst du bei Steffi, der Forenbetreiberin, eine Mitgliedschaft beantragen und wirst dann dafür freigeschaltet. Dort gibt es viele Betroffene, die dir sicher hilfreicher sind im Austausch, als ich es jetzt vielleicht bin.

13.07.2010 08:44 • #2


A


Hallo ruhelos68,

Vom Freund geprügelt - wie überwinden?

x 3#3


F
Hallo, Ruhelose,

die Tagesklinik, das weiß ich heute, hat mir auch geholfen, den Alltag zu strukturieren, jedoch bin ich während des Aufenthaltes dort an meine Themen gestoßen. Ich konnte seinerzeit nicht darauf einsteigen, die Zeit war noch nicht reif. So brauchte ich weitere acht (!) Jahre, um jetzt endlich anzufangen, die Traumen anzugehen. Trotz vieler Hinweise seinerzeit und während der kompletten Langzeittherapie war mir nicht wirklich klar, dass ich Traumen erlitten habe, ich dachte, das Thema einmal anzusprechen, reiche. Natürlich hat mir die LZ-Therapie auch weiter geholfen, Dinge anders wahr zu nehmen, jedoch war ich irgendwann wieder an einem Tiefpunkt und wußte nicht, warum. Trotz glücklicher Beziehung, trotz der tollen Weiterentwicklung meiner Kinder. Irgend etwas nagte in mir.

Ich kann dir nur raten, deine Themen in einem Gespräch so klar zu formulieren, dass du direkt danach die Möglichkeit hast, in eine Traumatherapie einsteigen zu können. Missi wies dich schon darauf hin. Die Mitarbeiter der TK werden dich begleiten, den weiteren Schritt zu gehen. Was du brauchst, ist Sicherheit und Vertrauen zu deinem Bezugstherapeuten. Hat sich das schon aufgebaut?

Und ich kann dir auch nur raten, im geschlossenen Bereich über dich zu schreiben. Dass das hilfreich sein kann, kann ich bestätigen. Durch die Schreiberei und die Reaktionen der anderen Überlebenden wurde mir irgendwann klar, welchen Weg ich gehem MUSS.

LG
Angelika

13.07.2010 09:29 • #3


S
Traumata entstehen durch Anforderungssituationen (manchmal in Kombination mit biologischen Faktoren), denen wir nicht gewachsen sind. Ein Schutzmechanismus des Geistes springt an, wie z.B Dissoziation/depersonalisation/derealisation oder/und aktive Verdrängung ins Unbewusste uvm. Dieser Mechanismus beeinflusst erfahrungsgemäß das weitere Leben in eienr negativen Weise, wenn das Trauma nicht verarbeitet wird.

Um irgendein Trauma bewältigen zu können, muss es zu einer Reizexposition bzw. Konfrontation des Traumas kommen, welches das Trauma wieder ins Bewusstsein gelangen lässt, welches aber diesmal (hoffentlich) mit Hilfe des Therapeuten verarbeitet werden kann. Gelingt die Bewältigung nach der Reizexposition nicht, tritt eine neue Traumatisierung ein.

Erst dann, wenm an das Trauma bewältigt hat, ist es möglich, dass das Trauma nicht mehr das Leben (ubewusst) bestimmt (sofern es ein schwerwiegendes Trauma ist).

13.07.2010 16:03 • #4


Schneckchen
Hallo Schnucki!

Bist du nun auch da...

Zum Inhalt kennst du meine Meinung.

Zur Tatsache, dass ich meine Traumata in der Traumatherapie werde besprechen müssen, und dass mich der Schritt von der Tagesklinik zur weiter entfernten Klinik im Moment sehr viel mehr Kraft kostet als vorhanden, weißt du auch (wegen meines kleinen HB-Engels).

Auch du solltest nunmehr ins Gespräch mit dem Prof. gehen, um einen Bericht für eine Traumaklinik anfordern.

...Warum gehen wir nicht gemeinsam, dann sind wir nicht so einsam? ;-)

HDL und bis zum Käffchen zum Frühstück.

S.

14.07.2010 15:36 • #5


Beamoon
Hallo ruhelos68,

ich kann Dir nur raten eine Traumatherapie zu machen um zunächst einmal zu lernen, wie Du mit triggernden Situationen umgehen kannst. Es ist schon enorm viel, wenn Du Trigger feststellst. Meistens ist es erst so, dass man merkt, es passiert etwas mit mir, aber den Auslöser nicht kennt. Da bist Du schon ein Stück weiter.

Zum anderen gibt es einiges an Stabilisierungsmöglichkeiten. Leider reicht es nicht, einfach noch einmal darüber zu reden. Das habe ich am Anfang meiner Therapie gedacht und auch meine Therapeutin so beeinflusst, dass ich das gemacht habe. Heute weiß ich, dass das nicht gut für mich war und nur zu einer Retraumatisierung geführt hat. Mittlerweile weiß ich auch, nach einigen Jahren an Therapie, wie wichtig zunächst eine Stabilisierung ist. Die erforderlichen Mittel sind am ehesten in einem stationären Setting zu erhalten. Information und Stabilisierung ist primär wichtig. Informationen um zu verstehen, was überhaupt abläuft; Stabilität um nicht den Triggern hilflos ausgliefert zu sein. Die Erfahrung haben wir zu genüge gemacht, sonst wären wir nicht traumatisiert. Und da einen Weg rauszufinden ist wichtig.

Ich war im letzten Jahr in der Traumaklinik in Bielefeld. Die Stabilisierungs- und Informationsgruppe, die für jeden am Anfang praktisch Pflicht ist, hat mir sehr geholfen. Sie geholfen, dass ich mich besser verstehen kann, was bei mir im Kopf abläuft und warum das so abläuft. Die Wartezeit ist mit über einem Jahr aber recht lang, wenngleich nicht die längste.

Ich würde Dir auch raten mit deinem Bezugstherapeuten drüber zu reden. Ich weiß nicht, inwiefern der Imaginationsübungen einsetzt, wie es ja andere in der TK machen. Und das Gespräch mit dem Prof zu suchen, wie es Schneckchen geschrieben hat, kann sicherlich auch hilfreich sein. Er kann auch eine evtl. anstehende Diagnostik durchführen. Das hat mir sehr geholfen, nicht nur in einer Grauzone zu schweben, in der ich nicht weiß was ich eigentlich habe, sondern konkrete Diagnosen, so dass ich mir auch Literatur dazu besorgen konnte.
Wir können da ja mal drüber reden.

Liebe Grüße
Beate

18.07.2010 17:41 • #6

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