Hallo Star,
Ich glaube der Glaubenssatz, das Taten zählen und nicht Worte können besonders Menschen verinnerlichen, die nie gelernt haben zu vertrauen. Das geht mir genauso. Ich kann mir nicht vorstellen das Worte so viel Wahrheit enthalten sollen wie Taten. Insebsondere wenn das gesagte Wort und das was ein Mensch tut nach meinen Maßstäben nicht miteinander übereinstimmen. Aber das scheitert an meiner Strenge. Man ist mißtrauisch gegenüber den Menschen. Anstatt das Grundvertrauen entwickelte sich ein Grundmisstrauen. Man eignet sich auch strenge Bewertungsmaßstäbe an. Man versucht die Menschen einzuteilen. Manchmal nur in gut und böse, wie ein Kind.
wenn du redlich und gut bist, dein Wort immer hältst, dann bist du gut wenn du dir einen Fehler leistet, vielleicht ist es der auf den ich nur gewartet habe, dann ist es bewiesen, in Wahrheit bist du schlecht
So oder so ähnlich kann man diese Denkemuster in Worte fassen, die sich in einem selbst tief verborgen abspielen. Das habe ich mal so gelernt, zu meinem Schutz zu einem Teil und weil ich mich an dem Punkt, wohl auch durch mangelndes Urvertrauen nicht besser habe entwickeln können.
Das wir damit auch Menschen verletzen, weil wir mit unserem nicht-vertrauen auch dem Gegenüber etwas unterstellen, ihn vielleicht sogar anklagen, merken wir nicht. Dazu sind wir in unserer Entwicklung an diesem Punkt noch viel zu klein. Wie Kinder eben. Verlassene Kinder.
Ich verstehe das es dir schwer fällt deiner Mutter zu unterstellen, das der Kuss aus einem guten Gefühl heraus an dich gerichtet ist. Ein Zeichen von Zuneigung. Eine tiefe Angst in einem selbst, es anzunehmen und dann doch wieder verlassen zu werden ist vielleicht der Grund dazu, das man es nicht kann. Vielleicht konnte sie nicht besser sein, als du klein warst und nicht als sie ins ausland ging. Vielleicht konnte sie nie besser sein, als in dem Moment als sie dir diesen Kuss geben wollte?
Ich verstehe auch warum deine Schwester die Dinge beschönigt. Auch ihr muss ein tiefer Schmerz zugefügt worden sein, das sie es verdrängen muss. Manchmal kommt die Erkenntnis schon auch mal bei ihr hoch, sagst du. Aber dann muss sie wieder verdrängen. Auch ihr darfst du unterstellen, das sie es nicht böse meint. Immerhin ist sie deine Schwester und das ist ein Band das euch an einander bindet. Ein gutes Band. Auch sie trägt ihren Teil und ihre Verletungen aus ihrer Perspektive.
Meine Geschwister haben die Mutter (meine Mutter...) auch immer in Schutz genommen. Das hat mich sehr wütend und traurig gemacht. Ich hatte wohl die Erwartung sie mögen mir glauben und mich beschützen. Das war vielleicht zu viel verlangt? Denn auch sie trugen ihr Päckchen. Vielleicht auch jenes, mir nicht helfen zu können. Sie waren auch und sind es noch (ihre) Kinder.
Ich weiß auch nicht wie ein Mensch ein Kind zurück lassen kann oder gar schlimmeres ihm antun kann. Ich verstehe den Weg dahin aber durchaus. Oft liegt hilflosigkeit, einsamkeit und mangelnde Fähigkeiten zugrunde. Das ist eine dumme, dumme Konstellation. Man kann sich selbst nicht helfen und hat keine Hiklfe. Ab da an, wirds kritisch. Das Beste was deine Mutter tun konnte war das was sie getan hat. Sie hat dich nicht ausgesetzt, obwohl es sich bestimmt so anfühlen muss.. Und vielleicht denkst du in deiner Wut hätte sie mal oder ist doch genauso schlimm .. aber irgendwann kannst du vielleicht sehen das es das einzige war womit sie dir ihre Fürsorge zeigen konnte. Sie bat bessere Menschen, es für sie zu tun, was sie nicht konnte.
Gut und schlecht habe ich in meinem Text aus einem guten Grund gewählt. Es sind keine Klassifikatioen, die jemanden auf- oder abwerten sollen. Das mag nicht jeder verstehen (wollen) oder auch nicht so beschreiben wollen... Ich hoffe das es dich erreicht, so wie es gemeint ist. Es ist das kleinste Nenner, es ist einfach. Aber wird oft missbraucht um abzuwerten.
Ich finde es nicht traurig, das du sie nicht zurücklassen mochtest. Ich finde es eher aussagekräftig. Es ist nicht gut für dich das du diese Rolle zu diesem Zeitpunkt deines Lebens und aus diesen Gründen verinnerlicht hast... Aber es zeigt mir nur, das du dich tief in deinem Inneren für viel stärker hältst als sie. Das ist auch so eine Erscheinung bei Kindern, deren Eltern emotional nicht stark waren, vielleicht krank oder süchtig.. Es hätte ein besseres Erbe für uns geben sollen,oder? Ich sehe das manchmal bei anderen Menschen. Ich neide es ihnen nicht! Es tut nur so weh sie anzusehen. Das ist einer der Gründe warum ich es meide unter Menschen zu gehen und feste, lange Bindungen einzugehen. Zu sehen was sie haben/hatten und ich nicht.
Ich wünsche dir einen klaren Blick auf diese Dinge und das sie dich eines Tages um Verzeihung bittet.
Liebe Grüße
T*
08.01.2013 13:12 •
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