Auch ich habe Erfahrung mit Meditation und Depression. Nachdem ich in den letzten ca. 10 Jahren schon verschiedene Entspannungs- und Atemtechniken erlernt hatte, wollte ich seit Ende 2013 mal ein bisschen tiefer gehen und nicht mehr nur an der Oberfläche kratzen. Ich bin daher zu einem kostenlosen Schnupperkurs beim Sri Chinmoy Meditationszentrum gegangen. Auch wenn ich dann nach ca. einem halben Jahr feststellen musste, dass mir dort die Vorschriften zu streng sind, als dass ich mich dauerhaft darauf einlassen möchte, habe ich in der Zeit trotzdem viel gelernt und auch in meine eigene Meditationspraxis mitgenommen.
Im Meditationszentrum wurde auch viel gechantet, mit Harmonium-Begleitung, auf Sanskrit. Die Bedeutung der Worte war mir oft nicht klar, aber ihre tiefgehende Wirkung war für mich deutlich spürbar, wobei jedes der Lieder einen anderen Aspekt von mir angesprochen hat, manche stärker, andere schwächer. Auch zuhause habe ich manchmal gesunden statt zu meditieren. Bevor wir allerdings die *Meditation* erlernt haben, mussten wir erstmal einige Monate die *Konzentration* üben, sozusagen als Trockenübung, denn ohne Konzentration kann man auch keine Meditation erreichen, da man ständig durch seine eigenen Gedanken und Gefühlen abgelenkt wäre. Außerdem habe ich vor der täglichen heimischen Sitzung am frühen Morgen jeweils einen Abschnitt aus einem Buch über Grundlagen der Meditation gelesen, um mir die theoretischen Grundlagen und Mechanismen der Meditation anzueignen und ein Verständnis dafür zu entwickeln, was ich da überhaupt tue.
Ich wurde mit zunehmender Meditationserfahrung immer ehrlicher zu mir selbst, mein Herz wurde immer offener, sowohl gegenüber anderen Menschen als auch meinen eigenen Gefühlen und Wünschen, und meine Ängste traten immer mehr in den Hintergrund. Die ganze Welt schien mehr und mehr Substanz zu bekommen, und ich konnte immer öfter das Göttliche im Alltäglichen erkennen, fühlte mich geliebt und behütet und spürte tiefen Frieden in mir. Ich konnte so richtig aus dem Vollen schöpfen und fühlte mich selbstbestimmt und frei. Allerdings habe ich auch negative Folgen gespürt, wahrscheinlich weil ich zu hart meditiert habe (jeden Morgen mindestens 15 Minuten und 1x die Woche mehrere Stunden im Meditationszentrum). Es kam oft eine alte, abgrundtiefe Traurigkeit zum Vorschein, und manchmal auch das Gefühl, sofort schreiend vor meinem eigenen Leben weglaufen zu wollen. Diese Dinge konnte ich zwar mit einer gewissen Distanz in mir beobachten, ohne mich davon verschlingen zu lassen, aber wirklich annehmen konnte und wollte ich diese Dinge nicht. Mal einen Gang runterschalten, um diese Gefühle erstmal zu verdauen, fiel mir aber auch nicht ein. Auch habe ich niemals die Meditation unterbrochen, egal wie schlimm es wurde. Außerdem habe ich glaub ich den Fehler gemacht, das Meditieren als eine Art leistungssteigernde Maßnahme für den Beruf zu missbrauchen, womit ich mich spirituell-energetisch ausgebeutet habe und dann auch prompt in einer weiteren schweren Depression gelandet bin. Wobei hier hauptsächlich externe Ereignisse, die mir in dieser Zeit passiert sind, und meine schwere Kindheit für meine Krise verantwortlich waren, aber ich hatte wie Du den Eindruck, dass mich das Meditieren zusätzlich destabilisiert hat. Daher habe ich es dann auch für ca. 1 Jahr komplett pausiert. Mit Antidepressiva im Kopf meditiert es sich eh nicht besonders gut!
Inzwischen nehme ich keine Medikamente mehr und habe wieder angefangen, morgens zu meditieren, bin aber noch gehemmt und meditiere daher unregelmäßig und nur kurz, aber das ist auch erstmal gut so. Denn ich merke wieder nach jeder Meditation, wie da Dinge in mir in Bewegung kommen und der Alltag dann im ersten Moment wieder schwerer wird. Aber wenn dieser kleine Durchhänger nach 2-3 Tagen überwunden ist, fühle ich mich jedes Mal etwas besser und stabiler als vorher. Wahrscheinlich ist das wie ein Schleudergang in der Waschmaschine, durch den man erstmal durch muss, bevor man wieder trocken und sauber ist. Ich werde da in Zukunft mit ein bisschen mehr Vorsicht rangehen und versuchen, besser auf mich zu achten.
Manchmal, wenn mir nicht so sehr nach Stillsitzen und Atmen ist, kann auch eine Tai Chi-Übung am Morgen sinnvoll sein, da auch hier Energieren zum Fließen gebracht werden, die man zur Reinigung des allgemeinen Energiehaushalts nutzen kann. 5-10 Minuten reichen völlig aus, wenn man sich gut darauf konzentrieren kann. Abends lege ich mich auch manchmal auf den Rücken, lege eine Hand auf meine Brust und konzentriere mich 15 Minuten auf mein Herz (das Energiezentrum, nicht den Muskel!), was für mich sehr wohltuend ist, da hier nichts aufgewühlt, sondern nach einem anstrengenden und manchmal hektischen Arbeitstag zur Ruhe gebracht wird. Und im Alltag hilft mir Atmen am besten. Schön langsam durch die Nase einatmen, nicht zu tief, aber auch nicht zu flach, in den Körper hineinspüren und das, was dann kommt, einfach geschehen lassen! Hat mir am Anfang Angst gemacht, aber inzwischen nicht mehr. 2-3 achtsame Atemzüge reichen mir oft schon, um wieder runter zu kommen und wieder zurück ins Hier und Jetzt zu gelangen (vor dem ich auch früher Angst hatte, aber auch das hat sich mit zunehmender Praxis gebessert).