Hallo ohneFunktion, ob man ein mehr strukturierter Typ ist oder ein Typ, der spontaner ist und aus dem unstrukturierten Raum kreativer und aktiver, das macht wirklich einen Riesenunterschied und es ist Unsinn, einen spontanen Freigeist in Strukturen einzuzwängen wie es ein Unsinn ist, einen strukturierten Typus ohne Struktur ins freie kreative Gestalten zu zwingen. Da sucht sich schon jeder die Lebensweise, die passt. Das kann man nicht pauschalisieren und welcher Typ man ist, das merkt hoffentlich jeder über sich selber. Das zeigt sich ja dann auch in der Berufswahl.
Für den einen sind regelmäßige Hobbytermine etwas, der andere hat ein Hobby, das er frei von daheim aus macht oder mit Freunden wie ich mein Schreiben.
Es geht mir bei diesem Thema darum, dass es bei schwerer Krankheit und bei wenig Kraft nach langen Therapien und verantwortlichen Versuchen irgendwann auch darum gehen muss, mit der wenigen Kraft nicht dauernd damit beschäftigt zu sein, sich zu Unmöglichem zu überwinden und daran zu leiden vorher und währenddessen und nachher und keine Freude und Lebensqualität mehr zu haben, weil alle Kraft dabei draufgeht, das angeblich Richtige zu tun, das seltsamerweise für alle dieselben Wege vorsieht.
Bei mir kam ja auf dem Wege mein Minimalistenvorgehen raus, nämlich wie mache ich die allerwichtigsten Dinge so einfach und reduziert, dass ich selbstverantworllich meinen Alltag lebe, meine wenige Kraft aber ebenso für druckentlastete Freude wie für Überwindung und Bearbeitung von Problemen aufwende. Nicht, dass die wenige Kraft nur noch für Schweres draufgeht, was schnell passiert, wenn alle allgemeinen Normen, auch die der Krankheitsbehandlung, brav erfüllt werden, nichts dadurch besser wird, weil ich immer überlastet dadurch bin.
Aber das bedeutet nicht, dass ich mir durchgehen ließe, mir zu schaden durch Unterlassung.
Als ich jahrzehntelang jede Art von Psychotherapien hinter mir hatte, die auch wichtig und hilfreich und unverzichtbar waren, entschied ich mich, weil es bei mir nicht um Heilung geht, denn A.DHS ist angeboren und nicht heilbar und weniger ist mehr, eine andere Form der psychologischen Begleitung zu wählen, die nicht mehr eine andere aus mir machen sollte, sondern mich in meinem Alltag begleitet und dort abholt und dort mir hilft, Entlastungen und Verbesserungen und Linderungen zu erreichen.
Daher ging ich zum Sozialpsychiatrischen Dienst und werde nun seit einigen Jahren von einer Psychologin von dort begleitet. Anfangs jede Woche oder alle zwei Wochen, jetzt einmal monatlich habe ich einen Termin, wenn ich mehr Termine brauche, häufiger.
Und wenn ich an dem Tag nicht aus dem Bett komme, dann telefonieren wir.
Das ist eine Minimalistenentscheidung, die Therapie ermöglicht, weil ich die brauche und sie mir hilft, aber auf eine Art, die mir möglich ist. Wäre das auch was für dich? Auch mit meinen früheren Psychotherapeutinnen konnte ich an ganz schlechten Tagen telefonieren statt den Termin ausfallen zu lassen. Weil die Therapie hilft!
Ein regelmäßiges Hobby auswärts half mir irgendwann nicht mehr mit meiner niedrigen Kraft, aber kein Hobby wäre keine Lösung gewesen, das wäre ja Selbstaufgabe gewesen und zu wenig interessante neue Impulse, also intensivierte ich meine heimischen Hobbys. Auch Selbsthilfeforum zähle ich dazu, denn wenn es mir keine Freude machen würde, täte ich es weniger.
Beim Telefonieren ist es so, dass mir jeder auch das schreiben kann, was er mir sagen will. Bei Behördenkontakten ist es als Protokoll sogar besser und plötzliche Überrumpelungen am Telefon sowie in privaten Kontakten der falsche Ton und zuviel Anrufe am Telefon werden vermieden, außerdem Überreizung.
Aber ich stehe jeden Werktag um 5 Uhr mit meinem Sohn auf, auch wenn das oft die Hölle ist, in dem Punkt gibt es aber gar keine Frage für mich. Auch dass ich ein Abendessen für uns alle mache, ob selbst oder als Imbiss eingekauft oder geliefert, es muss aber eins geben. Am WE übernehmen meine Männer. Wäschewaschen, Saugen, Einkaufen aber verteilen wir unter uns und mein Sohn ist auch auf dem Rückweg von der Arbeit - und sogar gerne - bereit, Kleinigkeiten fürs Abendessen noch einzukaufen, wenn ich ganz neben der Spur bin.
Ebenso mit diesen mistigen Überprüfungsterminen. Wie gesagt suche ich die mir nicht mehr freiwillig, ich habe so viele medizinische Baustellen, dass es mir unmöglich ist, die vielen Termine, die jeder einzelne Facharzt als wichtig hinstellt, als gebe es nur seine Fachdisziplin, wahrzunehmen.
Ich kann nicht alle 3 Monate zum Zahnarzt, jeden Monat muss ich einmal ein Rezept für meine Medikamente holen. Da kann ich nicht auch noch alle 6 Monate eine Blutuntersuchung machen, zum Gynäkologen, einmal jährlich zum Augenarzt, zu sämtlichen Vorsorgeuntersuchen und zur Mammografie.
Denn ich habe nur etwa ein Drittel der normalen Kraft zur Verfügung und kann so auch nur ein Drittel der Arztbesuche machen, nämlich, wenn ich mich krank fühle und zum Arzt muss. So meine ich das. Nicht, einfach auf Therapien verzichten und das solltest du auch nicht tun. Wir Unstrukturierten können nicht gut mit Terminen, aber wenn es nur einer ist im Monat für Therapie und im Notfall der auch telefonisch geht, dann klappt das schon. Was meinst du?
Ganz zu schweigen davon, dass ich natürlich mit meinem behinderten Sohn auch noch seine Arzttermine wahrnehme. Und auch bei ihm die Minimalform mittlerweile, wo er erwachsen ist. Alles für seine Förderung Wichtige habe ich voll mitgemacht incl. wochenlanger Eltern-Kind-Aufenthalte in der Uniklinik, aber damals war ich auch noch kräftiger.
Auch heute wäge ich immer Nutzen und Schaden ab. Den letzten Überprüfungstermin des MDK für meinen Sohn vorletzte Woche habe ich ja selber herbeigeführt, indem ich gegen das MDK-Gutachten einen Widerspruch eingelegt habe. Dieses Widerspruchsverfahren konnte ich mir kräftemäßig nicht leisten, aber Fehler im Gutachten nicht akzeptieren. Nie hätte ich das so stehenlassen.
Aber nachdem die Fehler nun korrigiert wurden und der Widerspruch ansonsten nicht durchkam, was ich aber gründlich erklärt bekam und diskutieren und verstehen konnte, werde ich nicht weitermachen, weil ich nun die Situation klar sehe.
Verstehst du, was ich meine?
Ich meine kein Vermeiden im selbstschädigenden Sinne. Sondern ein selbstverantwortliches Haushalten mit den wenigen Kräften und auch den Mut, Heilige Kühe der Behandlungsnormen meiner Krankheiten zu schlachten, wo ich sie für falsch halte. So würde ich z.B. in keine Klinik gehen, es sei denn, es wäre eine, die Spezialisten für ADHS bei Erwachsenen dabei hätte, denn sonst komme ich kränker wieder heraus als ich hineinginge.
Ich würde gerne mal in eine psychosomatische Klinik, aber ohne ADHS-Spezialisten würde ich dort so dermaßen überreizt, dass ich das lasse.
Schon beruflich fing ich früh an, in lauter saure Äpfel zu beißen, um nicht immer kränker zu werden. Vorträge, Seminarleitungen, Diskussionsleitungen, all sowas wäre Inhalt meines Berufes gewesen und ich liebte und konnte das, aber es überreizte mich so sehr und machte mich so krank, dass ich es aufgab.
Dasselbe in allen Ehrenämtern. Damals wusste ja noch kein Mensch von ADHS und ich hatte auch noch mehr Kraft, aber mein Beruf sog die nur so aus. Also machte ich eine Umschulung, bitter, aber gesünder.
Manche NoGo kann von außen kaum einer nachvollziehen, aber als mündige Kranke in Selbstverantworung treffe ich diese Entscheidungen trotzdem.
Ein ganz neues NoGo ist aktuell z.B., dass ich nun aufgehört habe, wo unsere Sohn seine Schule und Berufsausbildung beide hat, die Personalmängel an seiner Arbeitsstätte in seiner WfbM auszugleichen, indem ich mit seinen Berufsbetreuern dort zusammen seine Arbeitsplatzanpassung an seine Besonderheiten durchsetze.
Lange genug, damit unser Sohn gesund behindert leben kann, habe ich alle Mängel ausgeglichen, aber nun, wo Sohn alles gelernt hat, um sich selbst zu vertreten und alle Qualifikationen hat und extra in einer Behindertenwerkstatt Schutz hat, nun muss mal ein Ende sein.
Das ist nicht einfach, vor allem, wenn Sohni belastet heim kommt. Ich berede dann alles mit ihm, das werden auch sein Leben lang
Nahestehende, die gleichzeitig seine gesetzlichen VertreterInnen sein werden wie wir Eltern gegenwärtig, mit ihm täglich tun, aber ich übernehme nicht mehr. Das ist nicht einfach, aber nötig.
Liebe Grüße! maya
06.02.2020 07:17 •
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